Neue GOT – wird jetzt alles teurer?               - Hintergründe und Fakten-

Sie haben es sicher schon in der Presse oder von mir in der Sprechstunde gehört:

Am 22. November 2022 ist eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft getreten.

 

Was genau ist denn die GOT?

 

Ebenso wie in der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) und der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) sind in der GOT alle Leistungen, sprich Tätigkeiten, die in der Sprechstunde verrichtet werden, mit einem Gebührenrahmen hinterlegt. Es finden sich dort Leistungen wie die allgemeine oder spezielle Untersuchung, verschiedene Arten von Injektionen, Narkoseführung, Operationsverfahren, bis hin zur Ausstellung von Bescheinigungen. Auch einfache Tätigkeiten wie das kürzen von Krallen, Ablesen des Transponders oder die Eingabe von Medikamenten sind dort zu finden.

Für jede Leistung ist eine Mindestgebühr (1facher Satz) und eine Höchstgebühr (3facher Satz) festgelegt. Zwischen diesen beiden Sätzen können sich Tierärzte frei bewegen.

Natürlich legt die GOT auch den Umgang mit Fremdlaborkosten, Notdienstgebühren, Fahrtkosten bei Hausbesuchen und vieles andere fest.

 

Wie ist eine Untersuchung/ ein Eingriff zusammengesetzt?

 

Wenn sie bereits öfter bei uns Gast waren, ist Ihnen vielleicht der immer gleiche Ablauf einer Untersuchung und der daraus resultierender Therapie aufgefallen.

Als Beispiel möchte ich hier die Behandlung eines Durchfalls bei einem Hund beschreiben:

 

1. Erfragung der Vorgeschichte

               →GOT Punkt 11 eingehende Anamnese oder Beratung

 

2. allg. Untersuchung

               →GOT Punkt 20f allg. Untersuchung/ Hund

 

3. spezielle Untersuchung des Magen - Darm -traktes

                            → GOT Punkt A1 eingehende Untersuchung eines Organsystems

 

Dann folgt in der Regel die Besprechung mit dem Besitzer, ob die Diagnose allein mit der äußeren Untersuchung gesichert werden konnte oder vielleicht eine Blutuntersuchung oder bildgebendes Verfahren ( Röntgen oder Ultraschall) oder andere Laboruntersuchungen (z.B. Kotuntersuchung)

sinnvoll/ notwendig sind.

 

4. Blutentnahme          GOT Punkt BL5 a Blutentnahme Einzeltier venös

5. Blutbild                     GOT Punkt BL8 Blutstatus komplett

6. Blutchemie               GOT Punkt BL 2 Blut – chemische Untersuchung

 

7. Verbrauchsmaterial für Laboruntersuchungen

 

8. Auswertung von Laborbefunden GOT Punkt 10 Beratung

9. Röntgenuntersuchung                   GOT Punkt 410 b Strahlendiagnostik

10. Injektionen                                    GOT Punkt 504 aa Injektion s.c., Hund

 

11. Medikamente + Verbrauchsmaterial

 

Die genaue Zusammenstellung hängt also sehr von der Schwere des Falls und natürlich auch Ihren Wünsche ab, wie intensiv Sie die Diagnostik durchgeführt haben möchten.

 

Wer bestimmt die Gebührenhöhe der einzelnen Leistungen?

 

Wie bereits erwähnt, darf sich der Tierarzt fließend zwischen dem 1fachen und 3 fachen Satz bewegen. Einzig im Notdienst ist mindestens der 2fache Satz vorgeschrieben.

Wie hoch der Satz in der einzelnen Praxis dann tatsächlich ist, liegt u.a. an der Schwierigkeit des Falls (Tier ist z.B. sehr wehrhaft und man benötigt viel mehr Zeit und Personal als gewöhnlich)

und ganz besonders am individuellen Stundenverrechnungssatz der Praxis.

 

An dieser Stelle möchte ich die Aussage eines Mitarbeiters der Berliner Tierärztekammer wiedergeben, der während einer Fortbildung vor einigen Jahren die Bemerkung fallen lies, dass seines Erachtens eine Praxis, die unterhalb des 2fachen Satzes berechnet, nicht überlebensfähig sei….

 

Was ist ein Stundenverrechnungssatz?

 

Zumeist mit Hilfe von Steuerberatern wird festgestellt, wie hoch die monatlichen Kosten einer Praxis sind. Dies beinhaltet nicht nur die Miete, Strom, Müll und Telefon, sondern auch Personalkosten, Versicherungen, Investitionen von Geräten, Wartungen, Praxissoftware, Fortbildungen, die Bereitstellung der Hausapotheke und Verbrauchsmaterialien und Kreditzahlungen – ohne die es die Praxis gar nicht geben würde.

Im zweiten Schritt muss festgelegt werden, wie viele verrechenbare Stunden angeboten werden können. Verrechenbare Stunden sind die Stunden im Jahr/ im Monat, die ich tatsächlich Kunden und Ihre Tiere betreuen kann. Die Tages eines Jahres, abzüglich Wochenenden, Feiertage, evtl. Krankheit, Urlaubstage und abzüglich etwa 25 – 30 %, die man mindestens für Büroarbeit benötigt. Kosten und Stunden werden miteinander verrechnet und es kommt eine Summe heraus, die in der Stunde umgesetzt werde muss, um eine wirtschaftlich gesunde Praxis zu führen.

Dies alles ist jetzt stark vereinfacht dargestellt, aber das Prinzip ist die Grundlage eines jeglichen Betriebes, sei es nun das Angebot von Dienstleistungen oder auch fertigende Betriebe.

 

Warum überhaupt eine neue GOT?

 

Die alte GOT war tatsächlich über 20 Jahre alt (28.07.1999)….

 

In 20 Jahren hat sich die Tiermedizin extrem weiterentwickelt. Neue diagnostische Möglichkeiten (MRT, CT), neue Untersuchungsmethoden, Operationsmethoden, Labordiagnostik…. All dies fehlte der alten GOT. Zwar war und ist uns erlaubt, neue Leistungen in Anlehnung an den Aufwand von bereits hinterlegten Leistungen, zu formulieren, aber das ist nicht immer einfach, möglicherweise auch nicht immer fair. Die neue GOT umfasst mehr als 1000 Leistungen und ist damit erheblich umfangreicher, als die noch gültige Verordnung.

 

In über 20 Jahren gab es lediglich 2 x eine Anpassung der Gebührenhöhe – welchen allerdings nicht annähernd einen Inflationsausgleich erreichten. Eine weitere Anpassung fand im Februar 2020 statt und betraf nur die Berechnung des Notdienstes. Ein kostendeckende Abrechnung war durchaus nicht einfach...

 

Hat die noch alte Version der GOT zu Problemen geführt?

 

Als ich mein Studium beendet habe, gab es noch keine Bezahlung von Überstunden, Wochenenddienst oder Nachtdienst. Das Arbeitszeitgesetz – heute muss jede Stunde genau dokumentiert werden – wurde in Tierarztkreisen einfach ignoriert. Selbst der Ausgleich in Freizeit fand eher selten statt – obgleich in den Arbeitsverträgen natürlich die üblichen 40h / Woche zu lesen waren… Der eigentlich große Posten der Personalkosten wurde so klein gehalten und es war möglich, den Kunden lange Zeit günstige Preise anzubieten.

 

Das hat der Entwicklung der praktischen Tiermedizin nicht gut getan. Viele Tierärzte und Fachangestellte wanderten in andere Bereiche ab, in denen man leichter ein zufriedenstellendes Gehalt beziehen konnte. Heute haben wir einen großen Mangel an Tierärzten/innen und Tierarzthelfern/innen. (Not)dienste können nicht mehr gedeckt werden, was nicht nur in Berlin deutlich zu sehen ist: Die größte Kleintierklinik Berlins hat im Sommer ihren Nachtdienst komplett eingestellt, die Uniklinik bietet nicht einmal mehr einen Wochenenddienst an. Heute muss ein Tierbesitzer am Wochenende / in der Nacht tatsächlich intensiv suchen, bis er Hilfe findet – einen Zustand, den man sonst nur auf dem Land kannte…. und der mehr als Besorgnis erregend ist.

Man fragt sich vielleicht: Warum wurde nicht besser bezahlt, der Arbeitsplatz attraktiver gestaltet?

Weil es nicht finanzierbar war. Auch wenn man die Gebühr fließend anpassen durfte, stießen insbesondere Praxen und Kliniken, die Notdienst anbieten, schnell an (die obere) Grenze und konnten in der Vergangenheit nicht mehr wirtschaftlich arbeiten.

 

Das ist natürlich nur eine Facette, die eine Überarbeitung der GOT notwendig werden ließ.

 

Neue GOT – womit müssen Sie rechnen?

 

Durchschnittlich wurden die Gebühren wohl um 20 -  30 % erhöht. Zudem wurden zahlreiche „neue“ Posten erstellt, die in der alten GOT gefehlt haben. Manchmal hat man als Tierarzt eine neue Gebühr in Anlehnung an bereits vorhandene GOT Punkte erstellt oder…. Leistungen sind zwar erbracht aber nicht berechnet worden….

 

Gutes Beispiel hierfür ist das Narkoseprotokoll: in der Humanmedizin seit langer Zeit etabliert, in der Veterinärmedizin durch die Leitlinien für Anästhesie dringend empfohlen – aber es gab keinen GOT Punkt. Seit Jahren führen wir ein Narkoseprotokoll in unserer Praxis. Das ist viel Arbeit: alle 5 – 10 min wird das Tier während einer Narkose untersucht und die Befunde dokumentiert. Nur berechnen konnten wir diese Leistung in der Vergangenheit nicht…..

 

  • Durch diese zusätzlichen Posten werden manche Behandlungen und vor allem Operationen deutlich teurer.

  • Katzenbesitzer müssen auch mit höherer Kosten der Grundleistungen rechnen, da ab jetzt die Katze dem Hund gleichgestellt ist – während sie in der Vergangenheit stets günstiger als ein Hund zu berechnen war.

  • Ebenfalls merklich teurer wird die Laborarbeit – und grade die ist für die Behandlung von Tieren – die eben nicht mit uns sprechen können immens wichtig.

  • Impfungen schlagen ebenfalls höher zu Buche, da nun alle Leistungen einzeln berechnet werden müssen und es keinen „Komplettpreis“ (Zusammenfassung von Leistungen) mehr geben wird.

 

 

Wie können Sie die tierärztliche Versorgung Ihres Tieres sichern?

 

Tiermedizinische Leistungen sind teurer geworden, sicherlich in einer für uns alle sehr schwierigen Zeit. Daran lässt sich aber leider nichts ändern, zumal die GOT ein Bundesgesetz ist, das von der Regierung verabschiedet wurde und keine Hintertürchen offen lässt.

Auch wenn Ihr Tier über eine grundsätzlich gute Gesundheit verfügt, gibt es keine Garantie, das dies auch bis zum Lebensende so sein wird.

 

Man muss sich als Tierbesitzer klar machen, das man ein Tier nicht nur bei sich aufnimmt/ aufgenommen hat, es ins Herz geschlossen und hoffentlich viel Freude mit ihm hat, sondern auch, dass man damit auch eine große Verantwortung über viele Jahre hinweg übernommen hat. Dies beinhaltet unter anderem auch die tiermedizinische Versorgung.

Neben prophylaktischen Maßnahmen wie Impfungen, Parasitenpropylaxe, Zahnreinigungen und einem gewissen Alter geriatrische Vorsorgemaßnahmen, kann jedes Tier mal verunfallen oder eben schlicht erkranken. Das alles kann über vielleicht 15 Jahre hinweg zu einer stolzen Summe heranwachsen.

 

Neben einem jährlichen Budget für die Prophylaxe sollte man in der Lage sein, bei einem Unfall oder einer plötzliche schwere Erkrankung seines Tieres recht schnell über eine Summe von vielleicht 5000,- € zu verfügen. (Dies ist eine grobe Schätzung!)

Wer dies aus der Portokasse bezahlen kann ist fein heraus, dies dürfte aber wohl nicht die Regel sein. Eine Möglichkeit ist, gewissenhaft Rücklagen zu bilden, evtl. in Form eines Sparkontos.

 

Für viele Besitzer wird der Abschluss einer Versicherung eine gute Möglichkeit der Absicherung sein. Es gibt mittlerweile zahlreiche Anbieter von Tierkrankenversicherungen. Eine pauschale Auskunft „welche gut ist“ lässt sich nicht machen. Auf folgende Punkte sollten sie achten:

 

  • wählen Sie eine OP - und Krankenversicherung mit stationärem Aufenthalt

  • der GOT Satz (1-3facher Satz) sollte nicht limitiert sein

  • freie Tierarztwahl

  • es sollte keine jährliche „Höchstsumme“ geben

  • wählen Sie mit oder ohne Prophylaxe

  • wählen Sie mit oder ohne Selbstbeteiligung

  • je jünger Ihr Tier desto günstiger

  • bei älteren Tieren wird zumeist eine tierärztliche Bescheinigung gefordert: bereits vorhandene Erkrankungen sind zumeist ausgeschlossen…

 

Wichtig zu wissen:

Noch ist es leider so, das Versicherungen einseitig vom Versicherer bei „zu hohen Kosten“ gekündigt werden können. Es wäre wünschenswert, wenn dies in Zukunft nicht mehr möglich wäre. Leider liegt das nicht meiner Hand...

 

Nicht ungenannt lassen möchte ich, dass die eine oder andere große Praxis oder Klinik eine Ratenzahlung anbieten. Dies in der Regel aber erst ab einem bestimmten Rechnungsbetrag, mit einer Anzahlung und positiver Bankauskunft.

 

 

Dies sind meine Gedanken zur neue GOT. Sollten Sie weitere Fragen haben stehe ich in der Sprechstunde gerne für Sie bereit!

 

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Nachstehend habe ich einige Links bereitgestellt zum Kollegen Dr. Rückert aus Ulm. Er schreibt einen sehr informative und großartig recherchierten Blog auf seiner Homepage:

Endoparasiten

 

Mit Endoparasiten bezeichnet man alle Parasiten, die sich im Tierkörper befinden können. Bei Hunden und Katzen sind folgende Parasiten bedeutend:

Rundwürmer ( z.B. Spulwürmer, Hakenwürmer und Peitschenwürmer), Bandwürmer und einzellige Parasiten wie Giardien. Die meisten dieser Parasiten sind im Darm anzutreffen, aber es gibt auch z.B. den Herzwurm, der sich tatsächlich im Herzen und den Blutgefäßen aufhält und den Lungenwurm, der die Lunge befällt.

 

Hunde

Hunde sind besonders gefährdet, da sie viel draußen unterwegs sind und ihre Umwelt in erster Linie mit der Nase entdecken. Da wird auch an - für uns - Unappetitlichem geschnüffelt und geleckt und schon sind frische Wurmeier aufgenommen worden. Einem besonderen Risiko sind Hunde ausgesetzt, die die Hinterlassenschaften anderer Hunde fressen, Mäuse fangen und fressen oder gebarft werden.

 

Katzen

Auf Katzen, die Freigang genießen, trifft selbiges zu wie bei Hunden, nur dass diese sich natürlich viel häufiger bei Mäusen anstecken. Aber tatsächlich findet man auch immer mal wieder verwurmte Wohnungskatzen. Hier muß gemutmaßt werden, daß die Besitzer mit den Schuhen auch infektiöses Material mit in die Wohnung bringen. Und Schuhe von draußen riechen sehr interessant!

 

Selten ist eine Verwurmung äußerlich ersichtlich; im Kot sind in der Regel Wurmeier zu finden, diese sind mikroskopisch klein. Das tatsächlich lebende Würmer ausgeschieden werden, ist eher selten – und man mag sich nicht vorstellen, wie voll es dann im Darm des Hundes/ der Katze gewesen sein mag...

 

Menschen

Leider ist es den Wümern in den meisten Fällen egal, in welchem Darm sie leben. Hat man also als Mensch Wurmeier von seinem Tier beim Kuscheln aufgenommen, so werden sich diese auch bei uns im Darm entwickeln. Besonders gefährdet sind hier Kinder, ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem.

 

Prophylaxe

Das individuelle Infektionsrisiko eines jeden Tieres muß im Gespräch mit dem Besitzer ermittelt werden, um eine angemessene Prophylaxe empfehlen zu können. Als Anhaltspunkt gelten 4 Entwumungen pro Jahr für Hunde und Freigängerkatzen und eine Entwurmung im Jahr für im Haus gehaltenen Katzen. Wer sein Tier nicht prophylaktisch mit Endoparasitika behandeln möchte, dem sei angeraten, in regelmäßigen Abständen eine Sammelkotprobe (von 3 verschiedenen Kotportionen über mindestens 2 Tage gesammelt) in der Tierarztpraxis abzugeben, um durch eine mikroskopische Untersuchung eine Verwurmung festzustellen oder ausschließen zu können.

 

Bekämpfung

Hat eine Infektion stattgefunden, ist es von großer Wichtigkeit den Erreger zu ermitteln, um eine erfolgversprechende Therapie einleiten zu können. Dies geschieht durch eine mikroskopische Kotuntersuchung, in der Wurmeier identifiziert und den einzelnen Spezies zugeordnet werden können. Je nach Symptomen, die Ihr Tier zeigt, sind unter Umständen auch Schnelltests angezeigt.

 

 

Umfassende Informationen, von unabhängigen Experten zusammengestellt, sowie einen Entwurmungstest/ Fragebogen finden sie auf folgender Internetseite:

 

 

http://www.esccap.de/start/

 

 

Ein sehr interessantes Interview zu diesem Thema führte Nina Ruge im „Experten Round Table“ über Endoparasiten unter anderem mit Prof. Dr. von Samson, Parasitologe an der Universität in Berlin:

 

http://nina-ruge.de/file/2013/12/Endoparasiten.pdf